Energiewende: Auf welche Technologien kommt es an?
Der Ruf nach Technologieoffenheit signalisieret Hilflosigkeit oder schamlose Klientelpolitik. Ein besseres Verständnis der technologischen Umbrüche wird zur Voraussetzung für Demokratie.
Die Energiewende macht vielen Angst. Weil sie ahnen, dass die Klimakrise mit einem Austausch von ein paar Kraftwerken und Treibstoffen nicht abzuwenden ist. Weil der notwendige Umbau gewachsene Strukturen, Privilegien und Gewohnheiten in Frage stellt und damit Verteilungskonflikte aufwirft. Weil viele merken, dass sie die zur Debatte stehenden Technologien gar nicht mehr verstehen oder einschätzen können. Eine bessere Technologiekompetenz wird zur Voraussetzung für Demokratie.
Insbesondere in der Energiepolitik ist viel von Technologien und Innovationen die Rede. Politiker, Journalisten und interessierte Bürger wissen oft erstaunlich gut über technische Details Bescheid, verstehen aber kaum die dahinterstehenden Prinzipien. Deshalb sind sie oft hilflos der Meinungsmache von Interessengruppen ausgeliefert. Der Ruf nach Technologieoffenheit ohne die Rahmenbedingungen zu hinterfragen ist oft das Eingeständnis gefährlicher Unfähigkeit oder schamloser Klientelpolitik.
Die klassische fossile Energietechnik hat uns in die Klimakrise geführt
Da können schon ein paar grundlegende historische Einordnungen helfen. Seit dem Anfang der Industrialisierung, vor gut zweihundert Jahren, ist die Erdbevölkerung von einer auf acht Milliarden Menschen gestiegen. Seit den Sechzigerjahren nimmt die Wachstumsrate ab – durch steigenden Wohlstand, nicht durch Katastrophen. Die Zunahme wurde durch Technologie und steigenden Energieverbrauch ermöglicht. 1800 war man noch ganz auf traditionelle Biomasse und Muskelkraft angewiesen. Dann setzte man vor allem auf fossile Energieträger: zuerst Kohle, dann auch Öl, später Erdgas. Von 1900 bis 2020 stieg der fossile Verbrauch auf das 22-fache. Am stärksten wuchs er zwischen 1960 und 1980. (Dabei war die Verteilung extrem ungleich: Pro Kopf gerechnet verbrauchten die US-Amerikaner 1965 das sechzigfache der Inder, 2022 nur noch das neunfache.)
Im Jahr 1900 waren die grundlegenden Techniken der Energieversorgung des Jahres 2000 alle schon bekannt. Hundert Jahre lang wurden sie lediglich etwas verfeinert: Öl und Erdgas ergänzten die Kohle, alle Maschinen wurden etwas effizienter. Man blieb in der vertrauten Welt der klassischen Physik. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse dienten im Wesentlichen zur Stabilisierung der etablierten Strukturen. Als in den siebziger Jahren die abbaubaren Ressourcen knapp wurden, nutzte die Ölindustrie neue materialwissenschaftliche, geologische und bohrtechnische Methoden, um neue Lagerstätten zu erschließen. US-Präsident Reagan stoppte die Bemühungen seines Vorgängers Carter, verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen. Fracking sorgte wieder für sinkende Ölpreise. Das fossile Wachstum ging weiter, obwohl man wusste, dass das nicht gutgehen konnte.
Mit dem Wachstum des Konsums fossiler Brennstoffe hatten sich die Probleme verschoben: nicht mehr die erreichbaren Lagerstätten fossiler Ressourcen waren der begrenzende Faktor, sondern die Aufnahmekapazität des Klimasystems für die Verbrennungsabgase. Seit 1956 gab es immer lautere Warnungen vor den Klimafolgen des steigenden fossilen Verbrauchs, trotzdem ist er seither auf das Sechsfache gestiegen. Trotz intensiver internationaler Klimaforschung und diplomatischer Verhandlungen sind wir heute, gut dreißig Jahre nach der Vereinbarung von Kyoto, in einer scheinbar ausweglosen Lage. In wenigen Jahrzehnten haben wir den größten Teil der Pufferkapazität des Klimasystems aufgebraucht.
Wir haben nur noch wenige Jahre, um die gesamte Energieversorgung vollständig umzubauen. Mit den bisherigen Bemühungen zur schrittweisen „Dekarbonisierung“ des bestehenden Versorgungssystems wird das nicht funktionieren.
So gesehen sieht die Geschichte des Energiesystems und der Lebensbedingungen auf der Erde fast hoffnungslos aus. Und viele junge Leute verzweifeln daran. Aber man kann die Entwicklungen des letzten Jahrhunderts auch aus einer anderen Perspektive betrachten.
Die Entdeckung der Nanowelten
Etwa ein Jahrhundert bevor wir mit unserer überkommenen Energietechnik an eine Grenze stoßen, deren Nichtbeachtung die Lebensgrundlagen unserer Zivilisation zu zerstören droht, stieß bereits die Naturwissenschaft auf Grenzen des klassischen naturwissenschaftlichen Weltbildes, das bis heute die Technikvorstellungen der breiten Öffentlichkeit prägt.
Insbesondere die klassische Physik, die mit unseren alltäglichen sinnlichen Erfahrungen im Einklang war und es erlaubt hatte, äußerst wirkungsvolle Maschinen und Apparate zu bauen, kam bei der Erforschung von Strahlungsphänomenen an ihre Grenze. Auf der Ebene der Atome zeigten sich irritierende Gesetzmäßigkeiten, die nicht mehr zu unseren Alltagserfahrungen passten. Nach mehr als zwanzig Jahren beunruhigender Einsichten konnte schließlich 1926-1928 mit der Quantentheorie eine überzeugende mathematische Formulierung für Zusammenhänge gefunden werden, die dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen schienen. Das betraf nicht nur die theoretische Physik, sondern wirkte sich auf alle Wissenschaften aus, die sich mit kleinsten Strukturen beschäftigen. Wo es nicht um Meter, sondern um Nanometer geht, wo nicht mehr alles immer noch einmal aufteilbar ist, da macht die Natur für uns ungewohnte Sprünge, die erst mit der Statistik großer Zahlen die uns gewohnten Naturgesetze ergeben. Die erste praktische Anwendung war die Atombombe, die den Menschen die Tragweite der neuen Einsichten vor Augen führte.
Aufbauend auf diesen revolutionären physikalischen Erkenntnissen drang nach dem zweiten Weltkrieg auch die praktische Technik in die für uns kaum vorstellbare Welt der Atome und Moleküle vor. Immer raffiniertere Messgeräte erlaubten die Erkundung der Nanowelten. In einem Technikgebiet nach dem anderen wurden plötzlich Fortschritte möglich, die alles Dagewesene und frühere technische Entwicklungen in den Schatten stellen. Teilweise dauerte es Jahrzehnte, bis grundlegende Erkenntnisse technisch nutzbar wurden.
Am vertrautesten ist uns die Entwicklung der Computertechnik, die das Potential der neuen Nanowissenschaften veranschaulicht: 1947 wurde der Transistor erfunden, 1971 der Mikroprozessor, der dann die von der Hardware weitgehend unabhängige Softwareentwicklung bis hin zur künstlichen Intelligenz ermöglichte. Aber dafür musste die Festkörperphysik erst einmal die Herstellung, Nutzbarmachung und Nanostrukturierung von extrem reinen Halbleiterkristallen lernen. Sie erlaubt es heute, 100 Milliarden Transistoren auf einem Chip unterzubringen. Mikroelektronik und Computertechnik kamen relativ schnell voran, denn sie erschlossen riesige neue Geschäftsmöglichkeiten.
Ein anderes Beispiel ist die Biotechnologie: 1953 gelang es, die Struktur der DNA zu entschlüsseln, in der das Leben auf der Erde seine grundlegenden Informationen speichert. Stärker als bei der Digitalisierung geht es hier um riskante Eingriffe in die Evolution. Erst mit dem Corona-Impfstoff, der Millionen Leben gerettet hat, ist vielen bewusst geworden, welch unglaubliche Potentiale diese Technologien bieten.
Große Hoffnungen wurden in die Atomenergie gesetzt, den ersten Versuch, die neuen physikalischen Erkenntnisse zum Aufbau einer großen neuen Industrie zu nutzen. In Wärmekraftwerken sollte die Wärme aus Kernspaltung die Kohlefeuerung der Dampfkessel ersetzen. Ihre enge Verknüpfung mit der Entwicklung der Atomwaffen brachte der Atomenergie von Anfang an enorme Geldmittel aber auch eine entschiedene Gegnerschaft ein. Schließlich scheiterte sie an zwei grundlegenden Risiken: Der Aufwand zur dauerhaften Abschirmung radioaktiver Strahlung und zur Beherrschung einer im Prinzip explosiven Kettenreaktion wurde mit zunehmendem Wissen um die Gefahren zu groß. Der Einfluss auf die Energieversorgung blieb gering, nach 75 Jahren Entwicklung liefert die Atomenergie nur 3,7% der Weltenergieversorgung.
Milliarden von Menschen haben gelernt, mit der einen oder anderen dieser neuen Techniken umzugehen, vor allem mit digitaler Informationstechnik. Aber sie haben weitgehend aufgegeben, die Technik verstehen zu wollen. Sie ist nicht mehr sinnlich nachvollziehbar. Allgemeinere Technik-Diskussionen konzentrieren sich auf die disruptiven Entwicklungen bei Computern, Digitalisierung, künstlicher Intelligenz. Dabei geht der Blick dafür verloren, wie sehr der Vorstoß in die Nanowelten inzwischen auch die Entwicklung in anderen Technologiefeldern gewaltig beschleunigt, getrennte Gebiete verknüpft und traditionelle Techniken in einen neuen Zusammenhang stellt. Erst seit der Jahrtausendwende wird der tiefgreifende Umbruch, den die Physik-Revolution vor hundert Jahren ausgelöst hat, auf breiter Front erkennbar.
Die Nutzung elementarer Prozesse auf der Ebene der Atome und Moleküle erlaubt erstens eine Verdichtung und Beschleunigung von Vorgängen und zweitens eine ungeahnte Vielfalt von Verknüpfungen, die auf der Makroebene nicht möglich oder erforschbar sind. Die neue Informationstechnik hat in vielen Bereichen erst ermöglicht, diese Vielfalt zu erschließen – z.B. bei der mathematischen Modellierung von chemischen Verbindungen und Kristallstrukturen. Deshalb haben nanowissenschaftlich basierte Technologien ein Entwicklungspotential und eine Entwicklungsgeschwindigkeit, die die klassischen Technologien bei weitem in den Schatten stellen – sofern es sich nicht um Sackgassen handelt.
Für unser Energiesystem sehe ich vier nanowissenschaftlich begründete Technologiefamilien, die die Energiewende heute mit großer Geschwindigkeit voranbringen. Lange wurden sie vernachlässigt, weil die Energiewirtschaft sich gegen Strukturänderungen sperrte. Nun aber haben sie nicht nur technisch, sondern auch betriebswirtschaftlich einen point of no return überschritten, der ihre Durchsetzung immer schneller vorantreibt.
Vier nanowissenschaftliche Innovationen treiben die Energiewende voran
Gegen weit größere Widerstände als die Atomenergie musste sich die Photovoltaik durchsetzen — die erste der vier grundlegenden nanowissenschaftlichen Innovationen für die Energiewende. In den vierziger Jahren erfunden, wurde sie ab Ende der Fünfziger in der Raumfahrt eingesetzt, war aber noch extrem teuer. Die Entwicklung kam nur langsam voran, denn die eingesessenen Industrien der Elektrizitäts-, Kohle-, Öl- und Gaswirtschaft hatten höchstens kurzzeitig Interesse daran. Erst die Umweltbewegung in Deutschland um die Jahrtausendwende und dann vor allem China nach 2010 brachten den Durchbruch. Mit einer steilen Kostenreduktion hat die PV inzwischen alle anderen Methoden der Stromerzeugung überholt. Mit weiterhin sinkenden Kosten wird die Photovoltaik zur dominierenden Energiequelle der Zukunft. Allerdings hat sie ein Handicap: die Erzeugung hängt vom Sonnenschein ab – daher ist sie auf weitere Technologien angewiesen, die Ausgleich schaffen können.
Als zweite entscheidende Innovation für die Energiewende sehe ich die in der Öffentlichkeit völlig unterschätzte Leistungselektronik. Ohne sie wären hocheffiziente drehzahlvariable Motoren und Windkraftwerke, moderne Elektroautos und Roboter, flexible automatische Steuerung von Anlagen und ein zunehmend flexibles Stromnetz nicht denkbar. Erst langsam wurde sie aus der auf die Verarbeitung von Signalen fokussierten Elektronik entwickelt. Auch für große Leistungen lassen sich damit elektrische Ströme aller Art fast beliebig ineinander umwandeln. Und weil sie eng mit der Signalelektronik verwandt ist, kann Leistungselektronik digital ferngesteuert werden, ganz ohne menschliche oder mechanische Vermittlung. Nachdem die Elektroindustrie lange Zeit nur wenig Interesse daran hatte, machen Solar- und Windstrom diese Wandlungsmöglichkeiten inzwischen attraktiv. Auch bei der Leistungselektronik sorgen die Nanowissenschaften heute für Entwicklungsgeschwindigkeiten, die in herkömmlichen Techniken undenkbar sind: Seit 1995 hat sich die Leistungsdichte vertausendfacht. Durch deutliche Effizienzerhöhung und automatische Steuerbarkeit von allen Energieumwandlungen, an denen Strom beteiligt ist, erhöht die Leistungselektronik die Flexibilität des Energiesystems um ein Vielfaches und erleichtert damit die Integration von fluktuierendem Solar- und Windstrom.
Die dritte entscheidende Innovation sind die neuen Batterien. Erst das detaillierte Verständnis der Einlagerung von Ionen in Kristallstrukturen und die systematische Erforschung neuer Materialien ermöglicht es, Strom immer kostengünstiger in immer leistungsfähigeren und leichteren Batterien zu speichern. Die Lernkurven sind inzwischen noch steiler als in der Photovoltaik. Die steigende Energiedichte erlaubt immer vielfältigere mobile Anwendungen bis hin zu kleinen Flugzeugen. Sinkende Kosten und steigende Zuverlässigkeit machen den Einsatz in Stromnetzen immer interessanter, um Netzauslastung, Versorgungssicherheit und Integration von Solarstrom zu verbessern. Das sich schnell entwickelnde Feld der physikalisch-chemischen Stromspeicherung ist weit und verspricht weitere dramatische Fortschritte:
eine breite Palette von chemischen Systemen für fest gekapselte Batteriezellen mit immer raffinierteren nanotechnischen Strukturierungen,
Flow-Batterien, bei denen eine Trennung von Konverter und Speicherung „aufgeladener“ Flüssigkeit geringere Kosten für längere Speicherzeiten versprechen
und auch – deutlich weniger effizient – verbesserte Elektrolyseure und Brennstoffzellen für die Langzeitspeicherung mit Wasserstoff.
Als vierte grundlegende nanowissenschaftliche Innovation für die Energiewende sehe ich die neuen Umwandlungstechniken von Strom in Strahlung: Halbleiterbasierte Leuchtdioden, Laser, Mikrowellen etc. Sie ermöglichen riesige Gewinne bei der Energieeffizienz.
Dabei sind Beleuchtung, Materialbearbeitung, Prozesswärme und Photochemie von besonderer Bedeutung. Allgemein bekannt sind die massiven Effizienzgewinne in der Beleuchtung, die in den letzten zehn Jahren durch die breite Einführung von Leuchtdioden möglich wurden. Erst am Anfang stehen neue Methoden der Materialbearbeitung. Bohren, Schneiden und Schweißen mit Lasern haben sich eher langsam entwickelt und etabliert. Immer schnellere Fortschritte in Lasertechnik, Steuerungstechnik, Leistungselektronik und Nano-Materialwissenschaft führen jetzt zu einer rasanten Entwicklung des 3D-Drucks. Seine weitreichenden Konsequenzen lassen sich langsam erahnen: drastische Gewichtsreduktion von optimierten Formteilen, Vermeidung von Verschnitt und Abfall, neuartige Materialien, ferngesteuerte Produktion kleiner Stückzahlen hochkomplexer Teile wo und wann sie gebraucht werden. Bei erhöhter Vielfalt und Verfügbarkeit können sie Material-, Transport- und Energieaufwand auf ein Bruchteil reduzieren. Prozesswärme bei hohen Temperaturen lässt sich immer einfacher, gezielter und sparsamer mit Mikrowellen, magnetischer Induktion oder Lasern bereitstellen – auf Strombasis und präzise digital gesteuert. Beim Zahnarzt können wir die Fortschritte der Photochemie bestaunen, wenn durch Beleuchtung in wenigen Sekunden aus weichen Pasten hochfeste Zahnfüllungen entstehen. Hochpräzise gezielte Energiezufuhr für chemische Reaktionen kann energiefressende thermische Verfahren ersetzen und dabei unerwünschte Nebenprodukte vermeiden. Das Potential ist riesig, erfordert aber größere Umstellungen – deshalb steht die Entwicklung geeigneter Prozesse und Katalysatoren vielfach erst am Anfang.
Diese vier Innovationsbereiche haben nach langem hinhaltendem Widerstand der etablierten Industrien entscheidende ökonomische und technische Hürden genommen und ermöglichen in ihrem Zusammenspiel eine ein wesentlich nachhaltigeres und kostengünstigeres Energiesystem. Die direkte Gewinnung von Strom aus Sonnenlicht, ein hochflexibles Elektrizitätssystem und hocheffiziente elektrische Anwendungen spielen dabei entscheidende Rollen. In meiner Artikelserie zur Geschichte der Energietechnik stelle ich diese Entwicklung ausführlicher dar — sowohl in ihrer wissenschaftlich-technischen als auch in ihrer gesellschaftlichen Dimension.
Die Explosion der technischen Möglichkeiten ist eine Chance, den Klimawandel zu bremsen
Eine derartig schnelle und tiefgreifende Ausweitung der technologischen Möglichkeiten wie in den letzten zwanzig Jahren hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Gemessen an den Effizienzvorteilen, den Kostensenkungen neuer Energiequellen sowie der Vielfalt neuer Materialien und Verfahren lässt das gegenwärtige Feuerwerk von Innovationen und Umsetzungserfolgen die bisherigen industriellen Revolutionen weit hinter sich – und das sind nur die für den Energiebereich relevanten Aspekte.
Das ist erstmal eine gute Nachricht. Denn die beispiellose Eskalation der technisch-ökonomischen Möglichkeiten bietet die Chance, die Eskalation des menschengemachten Klimawandels zu beenden. Schon mit den jetzt verfügbaren Technologien ist es möglich, unsere Versorgung und unseren Umgang mit Energie in kurzer Zeit auf eine andere Grundlage zu stellen.
Allerdings stellt jede neue technologische Möglichkeit unsere Gesellschaften vor schwierige Gestaltungsfragen. Die grundlegende Umgestaltung der Energieversorgung und Energienutzung rührt an wesentliche Strukturen und Gewohnheiten unserer Industriegesellschaften und der internationalen Ordnung. Die zwei zentralen Fragen sind:
Wie wird das neue System ausgestaltet?
Gelingt der Wandel schnell genug, um zu vermeiden, dass uns durch den Klimawandel ökologische Kipp-Punkte einholen?
Die politischen Rahmenbedingungen des Energiesystems — mit ihren Marktordnungen, Normen, Privilegien und Subventionen — sind zweihundert Jahre lang mit der alten Energietechnik und ihren mächtigen Industrien gewachsen. Diese Rahmenbedingungen müssen nun in großer Eile umgestaltet werden. Dass das nicht ohne Interessenkonflikte geht, muss allen klar sein. Wir müssen uns über die Gestaltungsmöglichkeiten kundig machen, Visionen für eine andere Zukunft entwerfen, sachkundig streiten – und sehr schnell alte Strukturen und Gewohnheiten überwinden. Auch diese Herausforderung ist in ihrer Dringlichkeit in der Industriegeschichte einmalig. Sie braucht ungewöhnliche Anstrengungen. Das Gerede von Technologieoffenheit streut Sand in die Augen. Wir haben noch Chancen, eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Nutzen wir sie.
Vielen Dank für diese wertvollen Einsichten. Das Prinzip "Nanowissenschaftliche Innovationen treiben die Energiewende voran" leuchtet schon sehr ein.
Ein kleiner Dämpfer ist dann Ihr Hinweis, dass die Windenergie nicht dazu gehört (was Sie im "Energiegespräche"-Video erwähnen). Ich nehme an das gilt auch gleichermassen für Wasserkraft?
Meine Frage als Laie in Sachen "Nano": kann die Entwicklung neuer und immer stärkerer Permanentmagneten nicht auch zum Teil auf Erkenntnisse aus der Nanowissenschaft zurückgeführt werden? Und ist es nicht auch so, dass diesbezügliche Fortschritte eine deutliche Verkleinerung der Generatoren ermöglichen?
Ihrem Prinzip folgend, müsste man ggf. auch bei den Generatoren gezielt nach nanowissenschaftlichen Lösungen suchen? Da kommt mir als Laie halt die alte Influenzmaschine in den Sinn, da ist doch auch "Nano" im Spiel, richtig? Ich frage mich, was da rauskommen würde, wenn man einmal neueste nanowissenschaftliche Erkenntnisse, Technik und Materialien bei der Influenz, bei der "Ernte" der Ladungen (noch im Niedrigvoltbereich) und bei der Leistungselektronik ansetzen würde...